Verantwortung in Balance
Wie oft konnten wir es in den Schlagzeilen lesen:
«Ein verantwortungsvoller Umgang mit …» Forschungsdaten, Schließungen, Öffnungen, Risikogruppen, Coronaviren etc. wird gefordert, wenn es um Entscheidungen in einer Pandemie geht. Doch nicht nur in Krisenzeiten gilt verantwortungsvolles Handeln als vorbildlich, gerade auch bei Führungskräften. Was ist das für ein Wert, den wir einer Person, Gruppe, Unternehmensleitung oder Regierung zuschreiben, wenn sie verantwortungsvoll agiert? Mit Hilfe eines Wertequadrats möchte ich Sie heute einladen, darüber nachzudenken.
Wissen Sie, was ein Wertequadrat ist?
In der heutigen Form haben wir es Friedemann Schulz von Thun (Kommunikationswissenschaftler, Erfinder des 4-Ohren-Modells) zu verdanken. Er beschreibt das Werte- und Entwicklungsquadrat als praktisches Instrument, um persönliche Stile und Werte zu erkennen, Kommunikationsmustern auf die Spur zur kommen und damit die Interaktion mit anderen zu entwickeln. Die Kernaussage eines solchen Wertequadrats ist folgende:
Jeder Wert (oder jede Tugend, Eigenschaft, jedes Leitmotiv, Persönlichkeitsmerkmal) wird nur dann zu einer konstruktiven Wirkung gelangen, wenn er sich in dynamischer Balance zu einem positiven Gegenwert befindet. Ohne diese Balance besteht die Gefahr, dass der Wert (oder die Tugend, Eigenschaft usw.) hin zu einer Untugend, zu einem Laster, einem nicht hilfreichen Persönlichkeitsmerkmal übertrieben wird.
Wie könnte ein solches Wertequadrat für die Eigenschaft „verantwortungsvoll“ aussehen?
Zunächst habe ich mir überlegt, wie es sich bei einer Person zeigt, wenn sie es mit der Verantwortung übertreibt. Selbstgerecht, stolz, eingebildet, unerbittlich, aber auch lähmend perfektionistisch sind Eigenschaften, die mir dazu eingefallen sind. Im Zusammenhang mit Führung schien mir letzteres am besten zu passen und somit wählte ich perfektionistisch als Übertreibung von verantwortungsvoll.
Damit fiel es mir leicht, die positive Schwestereigenschaft von verantwortungsvoll zu finden. Das Gegenteil von perfektionistisch (in der Diagonale, s. Abbildung) ist für mich spontan, im Sinne eines Vertrauens, dass es schon gut ausgehen wird.
Die Übertreibung von spontan fand ich in der Eigenschaft fahrlässig. Das wiederum ergibt Sinn als diagonale Übertreibung von verantwortungsvoll. Denn wer fahrlässig handelt, lässt jede Sorgfalt, Fürsorge oder eben auch Verantwortung außer Acht und nimmt in Kauf, dass vermeidbare negative Folgen des Handelns entstehen. Für perfektionistisch veranlagte Personen eher undenkbar. Sicher fallen Ihnen dazu Beispiele ein, z.B. im Straßenverkehr, im Umgang mit unserer Umwelt oder aber auch in einer Pandemie.
Welchen Nutzen liefert uns dieses Wertequadrat?
Verantwortung haben wir alle, egal in welcher Rolle: sei es als Partner*in, Eltern, Freund*in, Konsument*in, Angestellte/r oder als Führungskraft. Wir haben Verantwortung für das, was wir tun, aber auch für das, was wir nicht tun. Verantwortung ist gewichtig und damit wir sie mit Augenmaß erfüllen können, ist es wertvoll, sich über Überdosierungen oder Gegenpole Gedanken zu machen, nicht nur in Krisenzeiten.
Sie könnten sich jetzt fragen, an welchem Punkt im Wertequadrat Sie sich gerade befinden. Sind Sie an diesem Punkt in Balance oder erkennen Sie eine für Sie passende Entwicklungsrichtung? Vielleicht finden Sie für sich andere Beschreibungen rund um die Eigenschaft „verantwortungsvoll“? Dann kreieren Sie doch Ihr persönliches Wertequadrat und entdecken darin weitere Entwicklungsmöglichkeiten! Oder Sie entwickeln auch für andere Werte und Eigenschaften ein Wertequadrat und verstehen immer mehr, wie Sie zu einer guten Balance finden.